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#884

Dekan wirft hin: Stunk in Weihenstephan

Krach in Weihenstephan: Becker gibt Dekanat auf

Inmitten der Semesterferien hat es im altehrwürdigen Brauer-Gral zu Weihenstephan geknallt. Der 2009 an Bord geholte Prof. Thomas Becker warf als Dekan das Handtuch. Er hatte von Anfang an polarisiert.

Mit Prof. Thomas Becker zogen auch seine Prodekane Angelika Schnieke, Chris-Carolin Schön, Bernhard Küster und Harald Luksch per 15. August die Reißleine. Die Rücktritte wurden noch nicht nach außen kommuniziert. Becker und seine Mitstreiter erklärten in einem internen Schreiben an die „sehr geehrten Mitglieder“, in den vergangenen Monaten sei zunehmend Kritik an der Führung der School of Life Sciences geübt worden: „In Verbindung mit den intensiven Diskussionen in den vergangenen Sitzungen des School Councils sehen wir, dass es kein ausreichendes Vertrauen mehr in unsere Arbeit gibt“, heißt es vielsagend in dem knappen Schreiben, das INSIDE vorliegt. Der kollektive Rücktritt solle eine „unbelastete Neuaufstellung der School-Leitung ermöglichen und die weitere positive Entwicklung der School für die Zukunft gewährleisten“.

Die Personalie Becker war in Weihenstephan von Anfang an ein Politikum. 2010 hatte der Senat der TU München gegen die Einwände der Studenten und der Getränkewirtschaftsverbände der Berufung von Becker auf den Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie in Weihenstephan zugestimmt. Zuvor hatte die Fachschaft ihre ablehnende Haltung mit schlechten Evaluierungsergebnissen Beckers bei früheren Lehrtätigkeiten begründet. Zudem wurde ihm angekreidet, er sei kein versierter Brautechnologe. Weihenstephan gilt weltweit als Hort der Brauwissenschaft. Tatsächlich kam Becker mit Expertise aus dem Fachgebiet der Lebensmitteltechnologie mit Schwerpunkt auf Prozessanalytik und Getreidetechnologie an der Universität Hohenheim

Allerdings eilte Becker auch der Ruf eines Reformierers voraus, der dem gelegentlich leicht muffigen TU-Ableger frischen Wind einblasen sollte. Dabei galt er als Protegé des damaligen TUM-Präsidenten Wolfgang Herrmann – ein Umstand, der ihm jetzt, da mit Thomas Hofmann ein neuer Mann in München auf dem Chefsessel sitzt, nicht unbedingt zupass kommt.

Profiteur: Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

In Folge von Beckers Bestellung 2010 war es in den Folgejahren teils zu heftigen Verwerfungen gekommen. Das Binnenklima zwischen TUM und Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) verdüsterte sich, nachdem u.a. die beiden hochangesehenen Professoren Winfried Ruß und Prof. Dr. Martin Krottenthaler von der TUM an die Hochschule wechselten. Während Becker die neue Konkurrenz am Campus – an der HSWT wurde recht bald ein eigener Bachelor-Studiengang Brau- und Getränketechnologie eingeführt – missmutig beäugte, trieb eine Phalanx aus Industrie sowie Deutschem Brauer-Bund und Bayerischen Brauerbund einen ehrgeizigen Plan vor sich her: die Errichtung eines eigenen, am Ende 12 Mio Euro teuren Technologiezentrums für die HWST. 

Aus Sicht der TUM war das ein Affront, von Seiten der Brauwirtschaft eine dringende Lösung. Unter dem forschungsaffinen Becker hatte sich aus Sicht der Kritiker abgezeichnet, dass Weihenstephan Gefahr lief, den auf praktischer Ausbildung fundierten weltweiten Ruf zu verspielen. Dieses Risiko wollten Industrie und Brauerverbände nicht eingehen. So trug in Konsequenz ausgerechnet Beckers Personalie dazu bei, dass die HSWT mit dem neuen Technikum (das zum Wintersemester 2021/22 startklar sein soll) nochmals eine Aufwertung seines Studienangebots erfährt. 

Vorerst mal Boden- statt Bierkunde

Wie es im Dekanat des mittlerweile zur „School of Life Sciences“ umfirmierten Weihenstephaner TUM-Ablegers weitergeht, ist laut INSIDERN derzeit noch ungeklärt. Becker, der bei der Akquise von Drittmitteln durchaus erfolgreich war, hatte das Amt des Dekans am 1. Oktober 2016 angetreten; er leitete sechs Studienfakultäten, sieben Forschungsdepartments, knapp 5.300 Studierende und über 90 Professoren an.

Nach seinem Rücktritt wurde die vakante Stelle am heiligen Gral der Brauerlehre in aller Stille mit Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner besetzt. Einer anerkannten Wissenschaftlerin. Allerdings vom Lehrstuhl für Bodenkunde. Sie soll bis zur offiziellen Wahl des Nachfolgers von Professor Becker in Amt und Würden bleiben.  

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