Die ehedem als Verfolgerin konzipierte Radeberger-Tochter Durstexpress wandert wie erwartet unter das Dach der schönen (und teuren) Schwester Flaschenpost. Auch der Einkauf zieht mit. Vorerst.
Der Name der Copy-Cat Durstexpress verschwindet, alles wird auf den Namen der für rund 800 Mio Euro erworbenen Flaschenpost umlackiert und umgeflaggt. Die 14 Läger von Durstexpress ergänzen das Netz von Flaschenpost, das aktuell auf 25 Hubs zurückgreift. In Berlin, Bochum und Leipzig wird zusammengeworfen, wie den örtlichen Durstexpress-Mitarbeitern laut NGG bereits mitgeteilt wurde. Bei den Gewerkschaften genießt Flaschenpost einen eher zweifelhaften Ruf.
Die im vergangenen Jahr (ehrlich gerechnet) zusammen rund 200 Mio Euro Umsatz der beiden Lieferdienste laufen fortan in der Flaschenpost-Zentrale in Münster zusammen. Von der Radeberger Gruppe oder der früheren Durstexpress-Mutter Getränke Hoffmann wurde die neue Flaschenpost komplett abgekoppelt. Der mit vielen Hoffnungen versehene Heimdienst wird direkt an die Oetker-Gruppe im nahen Bielefeld angehängt. Oetker-CEO Dr. Albert Christmann hat den Vorsitz des Aufsichtsrats übernommen.
Mittelfristig doch bei Gorki?
Durstexpress-Lieferanten haben letzte Woche ein Schreiben von Getränke Hoffmann-Chef Mario Benedikt und Einkaufsleiter Georg Gorki erhalten, wonach der Einkauf künftig ebenfalls von Münster und dem dortigen Head of Procurement, Lars Junker, übernommen wird. Die vermeintliche Kröte wird von Gorki und Benedikt mit schönen Worten verpackt: Hoffmann fokussiere sich künftig „noch stärker auf den Zukunftskanal Fachmarkt“ und zwar, so heißt es gewohnt hochtrabend aus Groß-Kienitz, „im Sinne des gesamten Getränkemarkts“.
Kenner der Oetker-Hemisphäre trauen dem Braten nicht. Die jetzt proklamierte strikte Trennung von Lieferdienst- und Fachmarktsparte ist zwar hinsichtlich der Vermarktung nachvollziehbar, da Flaschenpost seinen Lieferanten präzisere Daten bieten kann. Beim Einkauf aber ziehen On- und Offline an den gleichen Schnüren. Die am besten in einer Hand liegen. INSIDER wären sehr überrascht, wenn das mittelfristig nicht die von Georg Gorki wäre. Der selbstbewusste frühere Kaufland-Einkäufer genießt oberste Rückendeckung. Christmanns engster Vertrauter, der Ex-Radeberger-CEO und heutige Beirat Dr. Niels Lorenz, hatte Gorki vor drei Jahren zu Hoffmann geholt und damit ein Signal für die Handelsambitionen der Gruppe gesetzt (INSIDE 791).
Artikel aus INSIDE 869