Was mit Kaltenberg und König Ludwig gelingt, soll nun auch mit Bier aus Heidelberg funktionieren: Chinesische Investoren locken mit einem Mega-Projekt und mit Braukunst vom Neckar.
Wie es geht, hatte Krones ab 2013 zusammen mit König Ludwig-Rechteinhaber Prinz Luitpold von Bayern in China verdeutlicht. Noch heute feiert sich der Anlagenbauer auf seiner Website für eine für beide Seiten goldene Kooperation: Qing Li, chinesischer Ex-Karaoke-Unternehmer und mittlerweile Gründer und Präsident von TBT Urbräu, errichtete eine Brauerei in China – mit einer nach deutschem Rezept gebrauten Marke Urbräu und einer Lizenz-Produktion von König Ludwig Weizenbier und Kaltenberg. Prinz Luitpold hat mittlerweile mit einer zweiten Lizenz vor den Toren Shanghais nachgelegt.
Nun wird ein noch größeres Rad gedreht. Wie zuerst unser englischsprachiges Portal inside.beer berichtete, plant eine Investorengesellschaft nichts Geringeres als den Nachbau von Teilen der Stadt Heidelberg – wenn auch nicht 1:1. Der absurde Spaß soll umgerechnet zwei Mrd Dollar (1,67 Mrd Euro) kosten. Und wenn schon Heidelberg, dann auch: eine Heidelberger Brauerei. Aus chinesischen Quellen, die sich auf Angaben der Bezirksregierung in Dongxing berufen, heißt es, auf einer Fläche von rund 170 Hektar solle in der südwestchinesischen 4-Mio-Einwohner-Stadt Neijiang eine Produktionslinie für Heidelberger Bier mit einer Kapazität von drei Mio hl entstehen (Anlage: Krones). Dazu: ein Biermuseum, ein Einkaufszentrum und ein Hotel. An Heidelberg sollen u.a. die Nachbauten des Studentengefängnisses der Universität Heidelberg und der Kirche des Heiligen Geistes erinnern.
Recherchen von INSIDE haben eine Spur aufgezeigt, die tatsächlich zur 37.000 hl kleinen Heidelberger Brauerei GmbH von Inhaber und Gf Michael Mack führt. Mack senior (Sohn und Prokurist Christian Mack, 33, steht zur Nachfolge bereit) hatte die Brauerei Anfang 2005 als Gf im Rahmen eines MBO übernommen (INSIDE 473). Nach einer langen Leidenszeit innerhalb des Brau & Brunnen-Konzerns war die damals noch Heidelberger Schlossquell benannte Brauerei in den Einflussbereich des SAP-Milliardärs Dietmar Hopp geraten. Dessen auch bei Henninger eingesetzter Strohmann Werner Kindermann erwarb 1996 sämtliche Anteile und spendierte 1999 eine neue Braustätte im Heidelberger Vorort Pfaffengrund.
Die Brauerei hat sich unter der Ägide Macks im Heidelberger Umfeld mittlerweile einen blitzsauberen Ruf erarbeitet mit einem Gastro-Anteil von nahezu 70%, was der Brauerei im Corona-Jahr 2020 auf die Füße fällt. Da kommt das Geschäft mit China gerade recht. An der in Darmstadt ansässigen Kalenburg Getränke GmbH, die vermeintlich das Chinageschäft betreut, hält Mack kolportierte 20%. Die anderen 80 % werden einer Excel Title Investment Limited mit Sitz in Hongkong zugerechnet. Neben der kommerziellen ist auch eine technische Zusammenarbeit geplant: Einer von Macks zwei Heidelberger Braumeistern wird ab Frühjahr länger nach China abgezogen, um vor Ort das deutsche Reinheitsgebot, Rezepte und Abläufe zu etablieren. Branchenkenner vermuten, dass bei den Investoren in Neijiang die angrenzende Wohnbebauung samt Heidelberg-Vergnügungspark mehr im Fokus steht als die Brauerei, an der am Ende vielleicht nur ein kleines Heidelberger Brauerei-Schild klebt.
Dass das Prinzip funktioniert, hatte die 1308 Brewing Technology Co bewiesen, die 2019 eine Vereinbarung mit Prinzessin Katalin von Wrede, Mitinhaberin der Fürst Carl Schlossbrauerei Ellingen, über eine Lizenzproduktion von Fürst Carl Bier schloss. Das Bier wird in der Liaoning Tianhu Brauerei in einer Stadt unweit von Shenyang im Nordosten Chinas gebraut. Perspektive für die in Deutschland bei 10.000 hl dümpelnde fränkische Brauerei: nochmal 10.000 hl in China (INSIDE 845). Da könnte für Mack in Neijing noch mehr herauskommen.
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