Schlossbrauerei Stein a.d. Traun die Nächste: Nach jahrelangem Rumor zwischen den Gesellschafterfamilien und ihren Geschäftsführern bezieht nun der nächste Chef sein Büro – er kommt aus dem Haus.
Dass es am Ende nach diversen Stellenausschreibungen und Vorstellungsgesprächen doch Markus Milkreiter wurde, überrascht INSIDER wenig – obwohl die Personalie des bisherigen Braumeisters, der zum 1. April gekürt werden soll, selbst in internen Kreisen der Brauerei als delikat erachtet wird. Schließlich ist Milkreiter seit Jahren auch Mitgesellschafter (50%) der Simseer Braumanufaktur GmbH + Co. KG in Stephanskirchen. Simseer verkauft geschätzte 1.000 hl Bier zu veritablen Preisen (rund 27 Euro/Kasten) als Craft-Bier in der Region. Geführt wird die kleine Brauerei offiziell von der Frau des zweiten 50%-Gesellschafters, eines Apothekers.
Auch jetzt, da Milkreiter zum Chef der 100.000 hl (60.000 hl Bier, 40.000 hl AfG) großen Schlossbrauerei Stein gekürt wird, heißt es aus Kreisen der Gesellschafterfamilien Ellerman, Wiskott und Ziegler bzw. aus dem Aufsichtsrat (Chef ist nach wie vor der Münchner Anwalt Dr. Werner Pöhlmann, weiterhin vertreten sind der Steuerberater Karl Aicher und der frühere Herrnbräu-Technikchef Peter Kraus), Milkreiter sei dazu verpflichtet worden, sich bei Simseer operativ rauszuhalten. Wieweit ihm das auf Dauer gelingt, wird bei der chronisch turbulenten Brauerei nicht die einzige spannende Frage sein. Sondern sicher auch die, wie lange es die Gesellschafter/Aufsichtsräte mit ihrem neuen Chef aushalten – oder er mit ihnen.
Zwischen AR und den Gf krachte es chronisch. Das soll jetzt (wieder mal) besser werden.
Die jüngere Historie am idyllisch gelegenen Sitz der Traditionsmarke liest sich eher wie eine Horror-Story. Intern krachte es dauernd. 2010 warf der verdiente Gf Helmut Mühleisen hin, begleitet von anschwellenden Dissonanzen mit dem damaligen AR-Chef Lutz Wiegand. Es folgten kurze Gastspiele der Gfs Hans Haug (erkrankt) und intermin des Ex-Herrnbräu-Gf Claus Paulus, bevor 2012 der frühere Wieninger-Mann Stefan Haunberger ans Ruder kam. Wenig überraschend endete auch diese Dienstzeit dissonant, wenngleich der Zeitpunkt der Kündigung selbst für Steiner Verhältnisse knallhart platziert war: Rosenmontag 2020, ein echter Faschingsbrüller. Haunbergers Interim-Nachfolger wurde seinerzeit der altgediente Vertriebsleiter Reinhold Steinberger, der in den Ring musste, bis der AR jetzt das erwartete Kaninchen aus dem Hut zauberte. Wie es heißt, soll sich Steinberger stufenweise in den Ruhestand verabschieden. Sein Nachfolger als Vertriebschef wird bzw. ist schon der noch von ihm selbst eingesetzte Christian Eder.
Der wie seine Vorgänger in Stein auch bestens beleumundete Haunberger ist indes Vertriebschef in Aldersbach (INSIDE 865), wo sich Ferdinand Freiherr von Aretin als Markensammler profiliert (u.a. durch das per Ende März komplett nach Aldersbach rübergeschobene Mühldorfer Unertl-Portfolio). INSIDER fragen sich deshalb, ob nicht auch die geschätzt 14.000 hl Wunderbräu, die bislang in der Schlossbrauerei Stein für die Münchner Wolfscraft GmbH produziert werden, irgendwann die Aldersbacher Bio-Bier-Ambitionen erweitern.
Artikel aus INSIDE 872