Verbände wie der Deutsche Brauer-Bund und der Bundesverband GFGH feiern die Fixkostenerstattung für überschüssiges Fassbier als Teilerfolg. Jetzt sind erstmal die Steuerberater an der Reihe. Sie müssen ausknobeln, wer wann wem was zurückgeben soll. Oder kann. Oder wie?
In Berlin beim Deutschen Brauer-Bund und bei den Chefs der Privaten Brauer müssen Ende letzter Woche die Korken geknallt haben. Kurz zuvor hatten die beiden Verbände (resp. rund 300 Brauer, davon auch die Dickschiffe) einen Offenen Brief an die Politik gerichtet, den ersten bislang in der Corona-Pandemie (und vorerst wohl auch den letzten). Dieser Schuss musste sitzen, weshalb man das hinter den Kulissen auch so kommunizierte. Der Brief selbst trug unverkennbar auch die Handschrift von GFGH-Vorstand Dirk Reinsberg, auch wenn er offiziell nicht genannt wurde.
Eine der zentralen Forderungen nach Fixkostenerstattung im Rahmen der Überbrückungshilfe III auf Saisonwaren und verderblichen Waren scheint nun erfüllt. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte den Erfolg bereits für sich reklamiert, als der entsprechende Wortlaut weder publiziert noch bei den zuständigen Ministerien bekannt war. Inzwischen schoben die zuständigen Ministerien aber nach – und nun? Ist die Verwirrung groß.
Der Entschluss:
„Hersteller und Großhändler von verderblicher Ware für die Gastronomie und den Garten- und Gemüsebau (Zierpflanzenerzeuger) können die Sonderregelung für Einzelhändler (...) in Anspruch nehmen. Unternehmen, die im Vergleichsmonat in 2019 mindestens 70% ihres Umsatzes mit stationärem Handel erzielten, gelten für Zwecke dieser Regelung als antragsberechtigt.“
Nur Unternehmen, die Überbrückungshilfe III beantragen dürfen, dürfen auch entsprechende Fixkosten auf MHD-Ware wie Fassbier u.a. geltend machen. Verbundene Unternehmen wie GFGH-Gruppen von Braugruppen sind davon ausgenommen. Beim Bundesverband GFGH ruhen die Hoffnungen auf Formulierungen in der vom Bund versprochenen Härtefallregelung/Härtefallfonds. INSIDER sehen zumindest Chancen.
Die pragmatische Umsetzung:
Überbrückungshilfe berechtigte Gastro-Verleger können bis zu 90% des Einkaufspreises auf verderbliche Getränke als Fixkosten geltend machen. Bier und andere Getränke müssten dann als Vollgut zurück zum Hersteller und dort vernichtet werden – bei Bier unter Aufsicht des Zolls (wg. Biersteuer). Gegenüber INSIDERN berichten viele Fachhändler aber von längst erfolgten Rücknahmeaktionen der Industrie (oft 50:50, oft auch mehr bis zur kompletten Erstattung der Einkaufspreise).
In diesem Fall muss der Hersteller den Herstellungspreis der Ware geltend machen. Dieser liegt naturgemäß deutlich unter Einkaufspreis, wird aber genauso abgestuft berechnet. Beispiel 30 Euro/hl: Ü III-Brauer mit weniger als 30% Umsatzeinbruch bekämen nichts, mit mehr als 70% Umsatzeinbruch bis zu 90%, ergo 27 Euro/hl, erstattet. Die Höhe des Herstellungspreises orientiert sich an den übermittelten internen Zahlen, aber auch an Versicherungs-Konditionen und Pauschbeträgen. Die Sache ist derzeit (noch) so kompliziert, dass viele Hersteller, aber auch Händler die Sache an ihre Steuerberater durchgereicht haben.
Oder sie gleich pragmatisch lösen. Wie INSIDER berichten, werden in jüngster Zeit wiedervon Brauereien Banderolen verschickt, die das MHD kurzerhand um ein paar Monate verlängern. „Dann muss ich“, so ein Verleger, „eben mal ein ernstes Wort mit dem Gastwirt reden.“
Artikel aus INSIDE 872