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#888

Fassbier: Rampenpreise nur für Dumme

Fassbier: Rampenpreise nur für Dumme

Die nach vier Jahren überfällige Preiserhöhung für Flaschenbier nimmt Fahrt auf. Im Windschatten von Carlsberg, Heineken und Radeberger Gruppe drehen auch Krombacher, Veltins und AB Inbev (ab 1.4. für u.a. Franziskaner) an der Schraube. Zeitgleich wird auch Fassbier erhöht. Schon wieder.

Erst im Frühjahr 2020 hatten u.a. Radeberger GruppeKrombacherVeltins und Bitburger Braugruppe kräftig, nämlich um satte 10-12 Euro je hl, die Fassbierpreise angehoben. Die Einzelhandels-Gebinde blieben damals ausgeklammert, der LEH hätte einen verkürzten Zyklus (die letzte Flaschenerhöhung erfolgte 2018) nicht akzeptiert. Bei Fassbier hingegen stoßen die Brauer auf weniger Widerstand. Hier wird nun alle zwei Jahre hingelangt. Auch diesmal wieder. 

Und erneut deutlich mehr als bei Flasche und Dose. Radeberger verlangt für den Hektoliter Fassbier 8,50 Euro mehr. Krombacher sogar 12,60 Euro/hl. Die großen Markenbrauer vermehren damit auch die Spielmasse. Die Bruttopreisliste ab Rampe ist (analog zur legendären, aktuell erneut erhöhten Mondpreisliste von Coca-Cola) nur ein Richtwert. Entscheidend sind die Rückvergütungen. 

„Es wird der Tag kommen, dass Biermarken dafür bezahlen, dass sie bei uns verkauft werden.“ – Delf Neumann.

Der Konditionswettbewerb in der Gastronomie ist schon vor Corona eskaliert. Systemgastronomen werden mit Nachlässen überschüttet. Vereinzelt liegen die Rückvergütungen bei über 100 Euro. Dazu kommen dann auch noch Zuwendungen für den GFGH, Logistikpauschalen, Abschläge für Bankabbuchung, Absatzmeldung, Delcredere etc. Den Brauern bleiben höchstens noch die Herstellungskosten. Wenn überhaupt.

Schon vor Jahren hatte Cafe del Sol-Stratege Delf Neumann den Satz geprägt: „Es wird der Tag kommen, dass Biermarken dafür bezahlen, dass sie bei uns verkauft werden.“ Der Tag scheint näher zu rücken. Und im nächsten Jahr, wenn (hoffentlich) die Events wieder stattfinden – findet auch bei den Veranstaltungen wieder eine Rückvergütungsorgie statt.

Tatsächlich bezahlt werden die Rampenpreise nur von den Dummen. Von Bestandskunden, den gebundenen Eckkneipen und den nicht organisierten Kunden des GFGH. Dort erzielen die Top-Brauer immer noch gute Deckungsbeiträge. Allerdings: die Gastronomie wird schlauer. Die Ansprüche an Rückvergütungen steigen. Und so kommentiert der Vertriebschef einer großen Brauerei achselzuckend: „Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten“.

Für den GFGH nimmt nicht nur der Erklärungsbedarf zu. Die Konditions-Unterschiede befeuern die Entwicklung hin zu den Systemern. Und dort ist der GFGH nur mit den großen Verbundgruppen, einer Geva Gastro, Team Beverage oder der Gastro Drinks National der Get N im Geschäft. Als reiner Logistiker zu sehr dünnen Margen. Immer mehr Fachgroßhändler verzichten generell auf Gastrostrecken: „Das lohnt sich nicht“.

Bit-Chef Dahm: Auch im kommenden Jahr noch 20% unter 2019? 

Spätestens wenn zum Jahresende auch Kurzarbeitergeld und die sonstigen Staatshilfen zurückgefahren werden, müssen auch die Gastronomiehändler sich auf die neue Normalität einstellen. Und die Kosten runterfahren. Die Umsatzzahlen der letzten Wochen geben den Skeptikern recht. Die Gastronomie kommt nur langsam wieder in Schwung. 

Axel Dahm, Chef der 50.000 Gastrokunden zählenden Bitburger Braugruppe bleibt bei seiner bereits zu Beginn der Pandemie, im Frühjahr 2020 abgegebenen Prognose: Arg viel mehr als 80% des 2019er Absatzes wird 2022 nicht zu holen sein. Und auch bei anderen Brauereien mit GFGH-Anhang wird für das kommende Jahr mit 85% geplant.    

Der Preisabstand zwischen Flaschenbier und Fassbier ist in den vergangenen Monaten noch größer geworden. Das hat kaum etwas mit Brauereien oder GFGH, mit steigenden Bier- oder Logistikpreisen, zu tun. Zwar liegen die Rampenpreise für Fassgebinde inzwischen rund 50% höher als die für Flaschenbier, nämlich rund 150 Euro/hl statt 100 Euro/je hl. 

Doch in der Gastronomie spielt der Einstandspreis eine untergeordnete Rolle, hier werden eher 1.000 Euro/hl verlangt. Tendenz steigend: Viele Gastronomen haben von sich aus ihre Preise heraufgesetzt und die Auswirkungen der Pandemie (z.B. höhere Personalkosten bei niedrigeren Umsätzen) kurzerhand an ihre Gäste weitergereicht.     

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