Die süddeutsche Verlegerkooperation löst das Nachfolgeproblem ihres früheren Beiratsvorsitzenden Jürgen Orth kurzerhand selbst. Und sichert die eigene Ostflanke ab. Außen vor: u.a. die Radeberger Gruppe.
Mehr als 30 Jahre hatten Birgit und Jürgen Orth gebuckelt und aus ihrem kleinen Nördlinger Verlag eine blitzsaubere GFGH-Adresse geformt. Mit der Übernahme von Karas, Lichtenau (INSIDE 577) stieß Orth 2009 nach Nürnberg vor, verschmolzen zur Orth & Karas GmbH. Das Vorzeige-Unternehmen lag (vor Corona) bei rund 13 Millionen Euro, davon 10 Mio Euro Gastronomie. Da seine Töchter nicht in seine Fußstapfen treten wollen, suchte Orth nach einer Lösung. Und fand sie bei seiner GFGH-Kooperation. Zum 1. Januar 2021 wandern alle Anteile von den Orths zur Gefako.
Es ist nicht das erste Mal, dass Gefako-Geschäftsführer Franz Demattio eines seiner Mitglieder übernimmt. An Mebold-Albstadt hält die Kooperation bis heute 75%, kleinere Händler wie zuletzt Beck-Reutlingen wurden gekauft, um die Assets dann unter anderen Mitgliedern zu verteilen. Immer mit der Zielsetzung, das süddeutsche Rudel beisammen zu halten und keine Fremdeinträge imGefako-Revier zuzulassen.
Bei Orth-Karas kommt eine strategische Komponente hinzu. Als einer der größten Händler bildet er für die Gefako so etwas wie die Ostflanke. Und galt als logischer Übernahmekandidat für z.B. die Radeberger Gruppe, die sich in Bayern mit Lippert-Hof und dem Münchner Platzhirsch Pachmayr über GFGH-Übernahmen auszuweiten gedenkt.
Doch als Industriehäppchen wollte Orth seinen GFGH nicht enden sehen. Stattdessen sprach Orth schon seit langem mit Demattio, (den er dereinst 2008 zur Gefako geholt hatte). Seinen Posten als Gefako-Beiratsvorsitzender gab Orth zuvor freilich brav ab, man will ja kein Compliance-Geschmäckle aufkommen lassen. Den Deal absegnen mussten dann die übrigen Gefako-Aufseher mit Orths Nachfolger an der Spitze, dem Beiratsvorsitzenden Joachim Wagner aus Waldshut-Tiengen.
Den Status als unabhängige Kooperation, und das Wohlwollen seiner mittelständischen Lieferanten, hat Demattio damit erstmal gesichert. Und zugleich nach innen die Botschaft gesendet, dass sich die Gefako auch um Nachfolgesorgen ihrer Schäfchen kümmert.
Entscheidend, das weiß auch Demattio, ist aber, dass die absorbierten Mitgliedsbetriebe operativ erfolgreich bleiben. In Lichtenau kann er zunächst noch auf die alte Führung bauen. Jürgen Orth, 59, selbst wird dem Unternehmen weiterhin „für einige Jahre“ zur Verfügung stehen. Und auch der jetzt zum Geschäftsführer beförderte Vertriebsleiter Harald Wendt, 64, macht noch „mindestens drei Jahre“ weiter.
Aktuell allerdings stehen in Orths topmodernen Lägern in Lichtenau und Nördlingen die allermeisten LKW‘s still. Und so musste sich Orth laut INSIDERN auf eine hohe Variable einlassen, mit der Demattio das Risiko minimieren kann. Nur für den Fall, dass die Pandemie noch längere Schäden in der Kundschaft von Karas hinterlässt.
Artikel aus INSIDE 865