Binnen kürzester Zeit sammelte Markus Grüßer eine halbe Mio Euro Geld von Crowdinvestoren ein. Auch für die Plattform Seedmatch eine neue Erfahrung.
Die sog. Early Bird-Phase (sieben Tage nach Start der Kampagne) war noch nicht beendet, da hatte der aktuelle Hauptinvestor der Viechtacher Gesellschaftsbrauerei (Bayr. Wald) 500.000 Euro eingebucht. Was allerdings auch daran lag, dass der Ex-Geins-Mann und Markenprofi (u.a. Getränke Zukunft, Berliner Bärenbräu) Markus Grüßer im Vorfeld getrommelt hatte wie alle Percussionisten der Viechtacher Stadtkapelle zusammen. Offenbar glaubten genug Investoren an das via Bafin, Kleinanlegerschutzgesetz und Finanzvermögensverordnung im Vorfeld dreifach durchgespülte Versprechen, das partiarischen Nachrangdarlehen wie diesen anhaftet: eine Exit-Beteiligung oder ein erfolgsabhängiger Bonuszins bei Vertragsende, gewinnabhängige, jährliche Bonuszinsen, sobald der Break-even erreicht wird, und eine endfällige Basisverzinsung von 1% p. a.
Für die mit einem Mindestvolumen von 100.000 Euro gestartete Kampagne hatte Seedmatch – heute eine Tochterfirma der in Dresden ansässigen OneCrowd Loans GmbH – Neuland betreten. Die Plattform war 2011 mit dem Anspruch gestartet, als erste Plattform für Crowdinvesting „die Investitionsmöglichkeiten in Start-ups und Wachstumsunternehmen zu demokratisieren“. Eine Brauerei hatten die sonst auf Start-ups fixierten Betreiber noch nie auf dem Schirm, dafür u.a. Hersteller von Baby-Nachtlichtern, Quarkriegeln und Landhaus Teigwaren. 2017 verschaffte sich der aus Get.In.-Kongresskreisen bekannte Berliner Limo-Hersteller Wostock frisches Geld bei Seedmatch.
Ähnliche Kampagnen auf Seiten der Getränkebranche sind in Deutschland bislang dünn gesät (anders als auf den internationalen Märkten: Dort finanzieren u.a. Brew Dog ihren weltweiten Rollout durch immer neue millionenschwere Crowdfunding-Aktionen). Zu gewisser Berühmtheit in der Getränkebranche hierzulande gelangte eine Conda-Aktion vor zwei Jahren, mit der sich die seinerzeit rund 12.000 hl große Münchner Stadtteilbrauerei Giesinger 1,5 Mio Euro von insgesamt 1.088 Investoren zusammenschnorrte – ebenfalls als Nachrangdarlehen, der Zinssatz wird dort in Form von Biergutscheinen ausbezahlt. Als die Plattform Startnext vor wenigen Jahren mit der Aktion „Die Craft Beer Revolution“ online ging, spendeten viele Menschen Kleinsummen für Start-ups wie Rheiner, BrauKatze oder eine Dorfbrauerei in der Uckermark, zuletzt für das Donauwörther Brauhaus.
Anders läuft es bei der Karwendelbahn Brauerei- und Brennerei Manufaktur 2244 GmbH & Co. KG a.A. Wer dort eine Aktie erwarb, kann lebenslang kostenlos sein Bier konsumieren oder kostenlos mit der Karwendelbahn zur Brauerei auf 2.244 Metern fahren. In Viechtach geht‘s nicht so hoch hinaus. Spätestens 2022 soll die Brauerei schwarze Zahlen schreiben.
Artikel aus INSIDE 876