Dem Geschmack der Konsumenten auf der Spur: Grundstoffhersteller erforschen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Aromatrends. Nach dem Snack-Bereich stehen jetzt Getränke im Fokus – unter hohem Wettbewerbsdruck.
Vorreiter auf dem Gebiet der Getränke-KI ist der in 2020 rund 3,5 Mrd Euro Umsatz große Aromenhersteller Symrise. Das weltweit agierende Unternehmen mit Sitz in Holzminden arbeitet an Rezepturen, die auf Basis sogenannter Consumer Insights erstellt werden. Dafür greift Symrise auf Daten aus Befragungen, Interviews und Verkostungen zurück, bezieht aber auch Verkaufszahlen aus Produkt-Launches und Marktforschung mit ein. Überdies liefert das Netzwerk von Partner Chefs Culinar mit über 30.000 Restaurants und Bars Daten zum Konsumverhalten: Welche Getränke werden zu welchem Essen gewählt?
Aus der gigantischen Datenmenge simuliert das Unternehmen zukünftige Aromatrends für Getränke. Symrise entschlüsselt anhand der Auswertung, welche Erwartungen Verbraucher künftig in puncto Geschmack, Zusatznutzen etc. an Getränke stellen. Laut INSIDERN ist der Aromenhersteller mit diesem Ansatz bereits bei der Rewe Group vorstellig geworden. Händler und Hersteller sollen vor der Produktentwicklung von Eigenmarken und Marken die KI von Symrise befragen.
Die Kommunikation verläuft in den Etagen der Entscheider freilich noch holprig. Wie es intern heißt, sollen noch in diesem Jahr erste aus der Datenbank konzipierte Getränke auf den Markt kommen. Außerdem gilt es nur noch als Frage der Zeit, bis auch Konkurrenten wie Döhler oder ADM Wild auf den Datenzug der Aromen aufspringen.
Artikel aus INSIDE 873
Der Kundenwunsch im Fokus der KI - oder bald schon umgekehrt?
Weil sich KI massiv auf praktisch alle anderen Themen auswirkt, explodieren mittlerweile die Einsatzszenarien. Die heutigen Verfahren der Advanced Analytics umfassen die (teil-)autonome Untersuchung von Inhalten und gehen mittlerweile deutlich über die traditionellen Verfahren von Business Intelligence (BI) hinaus. Forscher und Entwickler arbeiten an der Verknüpfung neuronaler Netzwerke und der Erschaffung mehrdimensionale Intelligenzen mit dem Ziel einer Artificial General Intelligence (AGI).
Für eine sicherere Entscheidungsfindung kommt verstärkt „Anti Bias“-KI zum Einsatz, die Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen hervorhebt, um so ein wahrscheinliches Verhalten vorherzusagen oder mögliche Abweichungen zu identifizieren – auch mit Blick auf die wahrscheinliche Kundenerwartung und das Konsumverhalten. Wobei die Frage immer lauter diskutiert wird, inwieweit KI in der Lage sein wird, auf Dauer selbst Konsumverhalten zu manipulieren.
Forscher der Hochschule Luzern unter Prof. Dr. Marc Pouly spielen diese Modelle seit langem durch, auch in Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Luzern ansässigen Datenschmiede Jaywalker Digital, die sich seit Jahren an Forschung für die Lebensmittelindustrie abarbeitet. U.a. entwickelten Hochschule und IT-Firma zusammen mit der Kleinbrauerei MN Brew (siehe auch S. 13) eine KI-gestützte Rezeptur für ein IPA-Bier, das auf Kundenwünsche und Brauerinteressen optimiert ist.
Artikel aus INSIDE 873