RA Sandra Warden, Arbeitsmarktexpertin und Gf im Dehoga Bundesverband, fordert Finanzhilfen für den Restart.
Die letzten Monate stellten eine Zerreißprobe für alle Akteure im Gastgewerbe dar – finanziell, lebenspraktisch und mental. Das allerwichtigste war und ist, regelmäßigen Kontakt zu pflegen. Meist konnte das nur digital erfolgen, etwa über virtuelle Teammeetings oder die gemeinsame WhatsApp-Gruppe. Hauptsache, der Chef hält die Mitarbeiter über die Entwicklungen auf dem Laufenden, vermittelt möglichst Zuversicht und steht möglichst mit Rat und Tat zur Seite.
Wer sich außerdem z.B. zum gemeinsamen Kochen oder zur Weinverkostung über Zoom o.ä. verabredet hat, konnte Teambuilding selbst unter Pandemiebedingungen praktizieren. Bei engagierten Mitarbeitern gut angekommen ist es auch, wenn die Unternehmen die Zeit für Weiterbildung genutzt haben oder man durch gemeinsame Corona-Projekte wie den Aufbau eines Lieferdienstes mal gemeinsam über den Tellerrand der Alltagsarbeit hinausschauen und beweisen konnte, dass man gemeinsam in einem Boot sitzt.
Die Re-Start Phase nach monatelangem Lockdown stellt eine Herausforderung für Unternehmer und Mitarbeiter dar. Arbeitsabläufe müssen sich nach lange gebremstem Umsatz und Kurzarbeit wieder einspielen; dazu kommen die neuen Herausforderungen durch teilweise sehr komplizierte Corona-Schutzverordnungen in den Ländern und verunsicherte, teils ungeduldige Gäste. Dafür braucht man in vielen Betrieben jetzt ein regelrechtes Re-Onboarding mit Trainings. Denn die Mitarbeiter, die wir mit viel Anstrengung durch 14 Pandemiemonate hindurch gehalten haben, wollen wir jetzt nicht verlieren und gut wieder in Aktion bringen.
Teilweise müssen Mitarbeiter, die in den letzten Monaten abgewandert sind, ersetzt werden. Das fällt zusammen mit dem Saisonstart, wo sowieso zusätzlich rekrutiert werden muss, und dem anstehenden Beginn des neuen Ausbildungsjahres. Nachwuchs und Jobsuchende sind also jetzt davon zu überzeugen, dass man in der Branche der Gastlichkeit nach wir vor einen spannenden und stabilen Berufsweg gehen kann – trotz des Erdbebens der Pandemie. Dabei ist die Coronakrise ja noch nicht ausgestanden, es gibt nach wie vor viele Unsicherheiten – ein Balanceakt für die Unternehmer.
Politisch kämpft der Dehoga dafür, dass die gastgewerblichen Betriebe vollständig und unter betriebswirtschaftlich vernünftigen Rahmenbedingungen geöffnet werden dürfen. Die Branche benötigt weiterhin wirksame staatliche Unterstützung in Form von direkten Finanzhilfen in der Phase des Restarts und langfristig wirtschaftsfördernde Rahmenbedingungen, z.B. bei der MwSt.
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