Bei den Mehrweg-Pools GeMeMa und MPB geht jetzt die Post ab. Die Geheimnistuerei im Vorfeld der MPB-Gründung hatte eine erste ernste Konsequenz: Eine entrüstete Grand Dame aus Grevenstein – die das Gefühl hatte, vom Landesverband nicht ernst genommen zu werden – zog die Reißleine.
Susanne Veltins steht nicht nur seit mittlerweile 26 Jahren als Inhaberin an der Spitze der gleichnamigen Braurei, sondern sitzt auch seit geraumer Zeit im Vorstand des Brauereiverbandes NRW. Resp.: saß dort. Bis jetzt. „Mit sofortiger Wirkung“ hat die Chefin jener Brauerei, die 35% des Verband-Etats beisteuert, jetzt enttäuscht hingeworfen. Sie habe sich, soll Susanne Veltins intern geäußert haben, immer solidarisch gezeigt. Doch nun, da sie im Zuge der Gründung der Poolgesellschaft MPB „vorsätzlich nicht infomiert“ worden sei, werde sie auch das weitere Engagment der Brauerei im Verband überdenken. Viel deutlicher konnte oder wollte sie wohl nicht ausdrücken, was sie vom Prozedere hielt, das zur Gründung der MPB führte. Und von NRW-Gf Heinz Linden (der sich zum Schweigen verpflichtet fühlte). Und von seinem Vorstand, dem Bolten-Bräu Michael Hollmann, der an dem ganzen Spiel nicht unwesentlich beteiligt war.
Wenige Wochen nach dem Gemauschel um die von den Landesverbänden Bayern, Hamburg und NRW sowie der Cölner Hofbräu, Dithmarscher, Wolters, Bolten, Zötler und Schneider (Kelheim) heimlich aus dem Boden gestampfte und von den Freien Brauern freundlich flankierte MPB (INSIDE 860) gibt es also schon den nächsten Eklat. Abgesehen von der doppelten Pikanterie, dass ausgerechnet bei MPB-Gründungsmitglied Früh seit einem Jahr der Veltins-Neffe Fabian Veltins als Senior Brand Manager an Bord ist (INSIDE 840) und Früh zudem in diesen Tagen in die Lohnproduktion von GeMeMa-Gründungsmitglied Radeberger/Sion einsteigt: Der erste Eklat hatte sich daran entzündet, dass ausgerechnet der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes und Paulaner-CEO Dr. Jörg Lehmann bis zuletzt nicht darüber informiert war, was der bayerische Landesverband plante.
Allerdings fragen sich mittlerweile immer mehr, ob die MPB-Nummer nicht doch nicht nur grottenschlecht vorbereitet war, sondern auch eine gezielte Provokation wider besseres Wissen.
Schnellschuss aus Absicht?
Zumindest befleißigte man sich in München, Hamburg und Düsseldorf einer ambitionierten Terminplanung. Obwohl allgemein bekannt war, dass die Einkommenssteuer-Referenten von Bund und Ländern bei einer Sitzung am 18. September das leidige Thema Pfandrückstellungen aller Voraussicht nach ad acta legen würden, preschten Lothar Ebbertz (BBB), sein Hamburger Kollege Michael Scherer und eben Heinz Linden am 9. September mit dem eilig aus dem Hut gezauberten Kaninchen Mehrwegpool der Getränkebranche (MPB) vor. Kernpunkt der Argumentation: Als MPB-Genosse könnten Brauereien das leidige Thema Pfandrückstellungen umgehen (das zu diesem Zeitpunkt allerdings schon so gut wie beerdigt war).
Während die MPB-Aktivisten damit um ein Haar noch die mühsam zusammengeschusterte Einigung in Sachen Pfandrückstellungen torpediert hätten (letzte Woche gab es endgültig grünes Licht aus dem Finanzministerium, nachdem auch NRW einen Einspruch zurückgezogen hatte), schlagen die Wellen derzeit allerorten hoch. Insbesondere die Privaten Brauer fühlen sich übertölpelt. Bei einer Delegiertenversammlung letzte Woche kündigte Gf Roland Demleitner unter dem Applaus der anwesenden Mitglieder an, man behalte sich eine kartellrechtliche Prüfung der MPB-Verwendungsbestimmungen vor – wenn die erst mal bekannt seien. Zudem halte man das MPB-Modell für „nicht zielführend“, da es eine neue Individualflasche in Umlauf bringe, die den Poolgedanken konterkariere. Intern werden die Privaten schon als neuer Gesellschafter der von Bitburger, Warsteiner, Krombacher und Radeberger gegründeten Poolgesellschaft GeMeMa gehandelt. Ein solches Signal wäre für die MPB, die gegen die GeMeMa bislang einen Klassenkampf á la „die da oben, wir da unten“ zelebrierte, allerdings fatal.
Artikel aus INSIDE 863