Der rund 2,2 Mio Tonnen große Malzgigant Malteurop kommt in seinem Stammgebiet nicht zur Ruhe. Nach dem Abgang seines deutschen Statthalters Jörg Hans vor vier Wochen haut nun auch dessen früherer Europa-Chef Hervé Caroff in den Sack. Der Konzern rudert.
Ende letzter Woche wurden laut INSIDERN die Malteurop-Belegschaften darüber informiert, dass Hervé Caroff seinen Dienst quittiert - dem Vernehmen nach schon in wenigen Tagen. Der Schritt kam für die meisten überraschend. Erst 2019 war der hochdekorierte Caroff (u.a. 2017 „Interim Manager of the Year Award“ für das Zusammenführen von Malteurops russischen und ukrainischen Operationen) unter dem damaligen Malteurope-CEO Olivier Parent Kopf der neuen gemeinsamen Unit Deutschland/Frankreich/Polen, Russland und Ukraine.
Wie so oft in solchen Fällen wird die Personalie in Konzernlyrik gepackt, die aus dem Unvermeidbaren eine leicht bizarre Strukturreform ableitet. In einem internen Schreiben heißt es, man habe die „Umsetzung“ der Matrix „analysiert und trotz der guten Ergebnisse und des Engagements der Führungskräfte in diesem Bereich (...) die Beobachtung gemacht, dass wir die Organisation vereinfachen müssen.“ Als Gründe dafür werden genannt: „Umfang zu groß, Notwendigkeit, wichtige KPIs zu kontrollieren, Bedarf an mehr Agilität, in Bezug auf Entscheidungen ist der Abgleich der Informationen oft zu komplex.“
Feuerwehrmann in Doppelfunktion
Interessante Volte: Vorgeblich um die Abläufe zu „vereinfachen“, legt Malterop einen glatten Salto rückwärts hin und splittet die am 1. Juli 2019 gebildete Europa-Einheit wieder in ihre ursprünglichen Teile auf. Die „BU Frankreich-Deutschland“ erhält wieder einen eigenen General Manager. Es ist dies pikanterweise in Personalunion Malteurop-CEO Patrick Bordessoule (INSIDE 872), Partner und Associate des auf schwierige Fälle spezialisierten Beratungshauses Dirigeants & Investisseurs. Bordessoule war erst vor vier Monaten an die Spitze des Konzerns geschwemmt worden, als Malteurops Muttergesellschaft Vivesci den langjährigen CEO Olivier Parent überraschend entlassen und durch Bordessoule ersetzt hatte (INSIDE 872).
Wie vor der Europa-Fusion vor zwei Jahren erhält nun auch die „BU PUR (Polen, Ukraine, Russland) wieder einen eigenen General Manager (vor 2019 war das Hervé Caroff). Für PUR darf sich künftig in Doppelfunktion der bisherige und auch künftige Vertriebsleiter Oleg Boukine austoben. Mit Blick auf die Fokussierung des Konzerns auf sein Kerngeschäft im Westen – „jede Abteilung der BU Frankreich-Deutschland wird direkt vom Funktionsleiter geleitet“ – dürften die Nervosität beim Ost-Sektor derzeit exponenziell ansteigen.
Nebel über Allemagne
Was die neue alte Organisation für die deutschen Standorte bedeutet, ist vorerst nicht abzusehen. Gestärkt werden sie damit laut INSIDERN eher nicht. An der langen Kette aus Frankreich werden die drei Standorte Langerringen, Rostock und Heidenau mit ihren rund 260.000 Tonnen Kapazität vorerst ohne eigenen deutschen Gf fremdgesteuert. Wie volatil das Geschäft hierzulande ist, zeigt ein Blick in die Bilanzen der vergangenen Jahre. Vor drei Jahren verlor die deutsche Malteurop GmbH auf einen Schlag 6,5 % Absatz auf nur noch 230.600 Tonnen, seinerzeit bedingt durch „Produktionsrückgänge aufgrund von Lieferschwierigkeiten und technischen Störungen“, die sich wiederrum auf Lieferprobleme bei Großkunden wie Radeberger, Oettinger, AB Inbev, Heineken Italien und Carlsberg auswirkten. Das positive Jahresergebnis des Vorjahres von 2,8 Mio Euro rutschte flugs unter Null auf ein Minus von rund 600.000 Euro. In den vergangenen Jahren soll sich das Geschäft wieder erholt haben.
Wie es an den einzelnen Standorten weitergeht, ist teilweise ebenfalls noch unklar. Für den früheren Deutschland-Gf und Betriebsleiter Jörg Hans (wurde 2017 Nachfolger des langjährigen Gf Karl Weigt - INSIDE 774) wurde dem Vernehmen nach erst für das Werk Heidenau mit dem Ex-Durst-Mann David Seim ein Nachfolger gefunden.
Artikel aus INSIDE 882