Deutschland größter Lebensmittelhändler Edeka darf gegenüber seinen Lieferanten Sonderforderungen im Zusammenhang mit der Übernahme von Real-Standorten erheben. Das hat das Bundeskartellamt heute bekanntgegeben. Ermittlungen gegen Edeka wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das sogenannte Anzapfverbot seien eingestellt. Zu Beginn des Jahres hatte Edeka vom Kartellamt die Genehmigung erhalten, 44 Real-Stanorte zu übernehmen, entgegen der Sorge von Wettbewerbern und Lieferanten.
Als Edeka bei einer "Sonderverhandlungsrunde" mit der Industrie explizite Forderungen in Bezug auf die neuen Real-Standorte erhob, nahm die Behörde Ermittlungen auf, um der nicht unbedingt fernliegenden Frage nachzugehen, ob es sich dabei um einen Verstoß gegen das sogenannte Anzapfverbot und damit einen verbotenen Missbrauch von Marktmacht handele.
Dies kann nach geltender Rechtssprechung dann der Fall sein, wenn "ein marktstarkes Unternehmen seine Marktmacht ausnutzt, um von seinen Lieferanten Leistungen zu fordern, die sachlich nicht gerechtfertigt sind". Doch der Tiger aus Bonn landete als Bettvorleger. Immerhin soll gegen Kaufland (das ebenfalls zusätzliche Konditionen für übernommene Real-Märkte von der Industrie fordert) weiter ermittelt werden. Man habe Kaufland "um Stellungnahme zu einer Reihe von Fragen aufgefordert", heißt es aus Bonn.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes begründet den Edeka-Rückzieher wie folgt:
„Entscheidend ist, dass solche Sonderforderungen nicht ohne eine entsprechende Gegenleistung erhoben werden. Wir haben uns dessen versichert, dass Edeka das entsprechend berücksichtigen wird. Es geht um besondere, optionale Vermarktungsaktionen in großflächigen Filialen, die von den Lieferanten finanziell unterstützt werden können. Es ist wichtig, dass konkrete Leistungen und damit verbundene Kosten individuell vereinbart werden können.“
Im Detail führt das Kartellamt aus:
"Edeka hatte seine Verhandlungsrunden mit Lieferanten nach Einleitung der Ermittlungen durch das Bundeskartellamt zunächst gestoppt. Das Bundeskartellamt hat nach dem Ergebnis der Ermittlungen keine Einwände gegen eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu Sondervermarktungsaktionen auf der Großfläche, wenn Edeka wie angekündigt bestimmte Gesichtspunkte hinsichtlich konkreter Gegenleistungen und optionaler Buchbarkeit berücksichtigt.
Entscheidend für diese Bewertung des Bundeskartellamtes waren die folgenden Aspekte: Die individuellen Gegenleistungen von Edeka gegenüber den Lieferanten für die geforderten Zuschüsse sind warenwirtschaftlicher Natur und produktspezifisch konkretisiert. Die Vermarktungspakete sind für die Lieferanten lediglich optional hinzubuchbar und die konkret vereinbarten Werbeaktionen werden tatsächlich durchgeführt. Die Gegenleistungen sind für die Lieferanten kalkulierbar, d.h. über die konkret vereinbarten Werbeaktionen hinaus verlangt Edeka keine Vergütungen von den Lieferanten für die hinzugewonnen Real-Standorte. Im Verhältnis zu den geltenden Konditionen aus den Jahresgesprächen findet keine Doppelvergütungen für bereits abgegoltene Gegenleistungen statt."